Das Geld hängt an den Bäumen – Inklusion trifft Nachhaltigkeit
Aktualisiert: 16. März
„Unser Ziel ist es, überschüssige Äpfel zu verwerten. Dabei geht es aber nicht nur um Ökologie und Ökonomie, sondern auch um soziale Aspekte“, erklärt Nancy Menk, die Geschäftsführerin vom gemeinnützigen Verein ‚Das Geld hängt an den Bäumen‘. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein innovatives Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, nicht nur nachhaltig produzierte Säfte und Schorlen anzubieten, sondern auch soziale Verantwortung zu übernehmen.

© Das Geld hängt an den Bäumen
Gegründet wurde das Projekt von Jan Schierhorn, der die Geschäftsführung seit Beginn ehrenamtlich übernommen hatte. „Jan ist ein Mann mit vielen Ideen und während er im Garten saß, entdeckte er, dass es viel ungenutztes Obst gibt. Er machte sich auf die Suche nach anderen Obstquellen und stellte fest, dass viele Gärten Obst besitzen, das nicht genutzt wird“, erzählt Nancy Menk. Daraus entstand die Idee, die überschüssigen Äpfel zu nutzen und gleichzeitig inklusive Arbeitsplätze zu schaffen. Das Projekt wurde zu Beginn von der Körber Stiftung finanziert, mit dem Ziel, 900 Flaschen Saft zu verkaufen. Aber es gab so viel Obst, dass letztendlich 9‘000 Flaschen produziert wurden.
Das Projekt ist im Laufe der Zeit gewachsen und die knapp 20 Teilnehmenden verkaufen jetzt nicht nur Obstprodukte, sondern übernehmen auch Gartenpflege-Tätigkeiten. Mittlerweile hat Jan die Geschäftsführung an Nancy übergeben, die selbst schon seit vielen Jahren beim Projekt dabei und in fast allen Bereichen aktiv ist. Mit ihr wurde das Gespräch geführt.
Von der Streuobstwiese zur Flasche
Seit über 10 Jahren stellt das Team aus Hamburg regionale, soziale und nachhaltige Produkte her. Dabei werden Früchte aus privaten Gärten und Streuobstwiesen der Region verarbeitet. Doch damit nicht genug: Das Projekt setzt auch auf Inklusion und Integration. Mit “vergessenen Menschen”, also gesellschaftlichen Randgruppen, wird ungenutztes Obst gesammelt, geerntet und als Säfte vertrieben. Dank der flachen Organisationsstruktur können sich alle Mitarbeiter:innen in den Arbeitsprozess und in die Entscheidungsfindung einbringen, sich dadurch in Selbstbestimmtheit und Verantwortung üben und so ihre Stärken entfalten.
© Sarah Buth
Das Team wird dabei auch von Ehrenamtlichen, Freund:innen und Förderern unterstützt, die nicht nur bei der Ernte helfen, sondern auch großzügig Obst spenden. In der Produktion werden die Früchte in einer traditionellen Familien-Mosterei zu naturtrüben Direktsäften und Schorlen verarbeitet, die in vielen Cafés und Restaurants in Hamburg angeboten werden.

© Das Geld hängt an den Bäumen
Jede verkaufte Flasche trägt somit dazu bei, Arbeitsplätze für Menschen am Rande der Gesellschaft zu schaffen und damit einen Beitrag zu deren Integration in die Mitte der Gesellschaft zu leisten.
Regionale Vielfalt für besonderen Geschmack
Das Projekt ‚Das Geld hängt an den Bäumen‘ setzt nicht nur auf regionale Früchte, sondern bezieht ausgewählte Apfelsorten von privaten Obstspenden und regionalen Händlern. Doch damit nicht genug: Inzwischen bewirtschaften sie auch eigene Pachtflächen und Streuobstwiesen, auf denen überwiegend historische Sorten gedeihen.

© Sarah Buth
Diese besonderen Sorten tragen nicht nur zu einem intensiven und leckeren Geschmack bei, erzählt Nancy, sondern sie sind teilweise auch für Allergiker:innen geeignet. Roter Münsterländer, Seestermüher Zitronenapfel, Horneburger Pfannkuchen, Dithmarscher Paradiesapfel, Groninger Krone, Grahams Jubiläumsapfel und Dülmener Rosenapfel sind nur einige ausgewählte Beispiele dieser historischen Sorten.
Durch die Verwendung dieser besonderen Sorten leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung regionaler Kulturpflanzen, die aufgrund fehlender wirtschaftlicher Verwendung sonst aussterben würden. Gleichzeitig sichern sie damit auch den Erhalt dieser Sorten und auch weiterer Flora und Fauna in und um Hamburg.
Die drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie und Soziales
In der Arbeit der Organisation spielen die drei Säulen der Nachhaltigkeit - Ökologie, Ökonomie und Soziales - eine wichtige Rolle. Es wird stets versucht, diese drei Aspekte im Handeln der Organisation und der Projekte zu vereinen, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Im Bereich Ökologie engagiert sich die Organisation u.a. im Bereich Pflegearbeiten in Privatgärten, im Bereich Naturschutzmaßnahmen und organisiert Veranstaltungen, die ein Bewusstsein für Ressourcenschutz schaffen sollen.
Das Ergebnis ist beeindruckend: Das Projekt "Das Geld hängt an den Bäumen" hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Familie von fast 20 Mitgliedern entwickelt, die gemeinsam an einem gemeinnützigen Ziel arbeiten, nämlich: Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Integration zu vereinen.
Inklusion am Arbeitsmarkt: Eine Herausforderung die sich lohnt
Das 'Geld hängt an den Bäumen' setzt nicht nur auf Vielfalt bei den Apfelsorten, sondern auch auf Vielfalt im Team. Die Organisation ermöglicht ehemaligen Werkstätten-Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz auf dem 1. Arbeitsmarkt und im vielfältigen Team arbeiten Menschen mit verschiedenen Behinderungen und Herausforderungen wie Autismus, Gehörlosigkeit, Sehschwäche, Entwicklungsstörungen und chronischen Krankheiten zusammen. Dabei legt die Organisation großen Wert darauf, dass ihre Mitarbeitenden auch Verantwortung übernehmen und sich selbstständig entfalten können, dadurch wird auch die Nachhaltigkeitssäule Ökonomie bedient.
Inklusion auf dem Arbeitsmarkt bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Möglichkeiten haben, eine Arbeit zu finden und auszuüben, wie Menschen ohne Behinderungen. Dies umfasst auch die gleiche Entlohnung und gerechte Arbeitsbedingungen. Inklusion auf dem Arbeitsmarkt beinhaltet auch, dass Arbeitgeber:innen inklusive Praktiken und Einstellungen haben und dass die Arbeitsumgebung barrierefrei und zugänglich ist. Kurz: Es geht darum, Vorurteile, Stereotypen und Diskriminierung abzubauen und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Arbeitswelt zu ermöglichen.

© Das Geld hängt an den Bäumen
Dies trägt zu einer inklusiven Gesellschaft bei und ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit, welcher oft vergessen geht. Hier setzt sich die Organisation also für eine weitere Säule der Nachhaltigkeit ein. Denn eine inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen die Möglichkeit haben, ihr Potential zu entfalten, ist nachhaltiger, da Ressourcen besser genutzt werden, wodurch sich die Lebensqualität aller Menschen verbessert. Auch ehemalige Langzeitarbeitslose, Obdachlose und Menschen ohne Berufsausbildung sind willkommen und Teil vom Team, denn „jeder und jede von ihnen hat individuelle Stärken und Schwächen und auch wenn es manchmal zu Spannungen im Team kommt, ist der Umgang miteinander stets achtsam und alle dürfen so sein, wie sie sind“. ‚Das Geld hängt an den Bäumen‘ ist für alle eine Heimat, in der sie sich aufeinander verlassen können, denn: Ohne die anderen geht es nicht!
Pack mit an!
Die Organisation ist finanziell von Spenden und Fördern abhängig, aber auch helfende Hände vor Ort sind sehr willkommen, denn es gibt immer was zu tun. Für die ehrenamtliche Hilfe wird man auch großzügig mit flüssiger Verpflegung versorgt!