Helfen mit Herz - Im Gespräch mit Frank Bauer
Sehen, Handeln, Helfen – Unter diesem Motto arbeitet der mildtätige Verein 'Helfen mit Herz e. V.‘ aus Weissach bei Stuttgart. Der 2013 gegründete Verein startete damals mit 13 Freunden aus dem Skiclub und wuchs seitdem bereits auf eine stolze Zahl von über 150 Mitgliedern, die sich vor allem in Weissach und den umliegenden Ortschaften, aber auch bis ins 25 km entlegene Remstal, um in Armut geratene Menschen kümmern. Gründungsmitglied und erster Vorstand Frank Bauer berichtete uns von seinem Engagement für den Verein.
Unterstützung von Familien
Für die meisten in Deutschland ist es eine Horrorvorstellung, für viele allerdings die Realität. Eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern öffnet kurz vor Weihnachten den Briefkasten und findet darin ein Schreiben ihres Stromanbieters. Darin eine Erklärung, dass alle Elektrizität noch vor Weihnachten abgeschaltet werden soll, weil die letzten Rechnungen nicht beglichen wurden. Genau in solchen Situationen setzen sich die engagierten Menschen des Vereins 'Helfen mit Herz‘ ein. Wenn akute Gefahr herrscht, kann der Verein sofort und ohne lang andauernde rechtliche Prüfungen Gelder zur Verfügung stellen, um Familien über schwierige Zeiten zu helfen. Es wurde schon vielen Menschen und Familien auf diese Weise geholfen und die Gründe, in solche Situationen zu rutschen, sind vielseitig. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfälle… Die Liste ist endlos und so sind auch die Lebenssituationen der Menschen, denen Frank Bauer in seiner Funktion begegnet und denen er und seine Vereinsmitglieder helfen wollen.
Neben der akuten finanziellen Überbrückung von besonders schweren Zeiten gehört auch die langfristige Betreuung von Familien zu den Aufgaben, die die Organisation übernimmt. „Es geht oft damit los, dass die Menschen gar nicht wissen, was ihnen zusteht“, erzählt uns der erste Vorstand, „Da haben wir inzwischen auch ein ordentliches Wissen. […] Wo kann man hingehen? Was können die Leute beantragen? Da unterstützen wir natürlich auch.“ So kann der Verein die Menschen über bereits etablierte (halb)staatliche Angebote aufklären. Auch Amtsgänge oder Wege zur Schuldnerberatung, Diakonie und Caritas können von den Unterstützer:innen begleitet werden. Besonders wichtig sei der Organisation die Vermittlung von Fähigkeiten, um die Menschen nachhaltig aus der extremen Armut herauszuführen und eigenständig lebensfähig zu machen. So verschaffen Sie sich beispielsweise mit den Betroffenen einen Überblick über die Finanzen und erstellen zusammen ein Haushaltsbuch, da in den Familien oftmals ein genauer Überblick über Ein- und Ausgaben fehlt. Auch das Thema Scham ist in diesem Zusammenhang sehr groß. So ist oft Überzeugungsarbeit notwendig, um Betroffene beispielsweise zum Einkauf in Tafelläden oder zu Hilfsangeboten zu bewegen und eine Zurückhaltung diesen Maßnahmen gegenüber zu überwinden. Viele Menschen, mit denen Frank Bauer und seine Kollegen zusammengearbeitet haben, kümmern sich nicht um Hilfsangebote oder Haushaltsführung, weil sie sich zu sehr für ihre Armut schämen und stattdessen versuchen, sich selbst über Wasser zu halten, obwohl dies in den meisten Fällen überhaupt nicht möglich ist. Aus diesem Grund melden sich auch nur sehr selten die Betroffenen selbst bei ‚Helfen mit Herz', sondern die Funktionäre erfahren meist über Dritte, wo ihre Hilfe am meisten gebraucht wird. Oft sind das offizielle Stellen wie die Sozialstation, das Jugendamt oder die Diakonie, aber genauso melden sich Nachbarn, Verwandte oder Bekannte bei den Mitgliedern des Vereins und machen auf akute Not aufmerksam. Frank Bauer hat es allerdings noch nicht erlebt, dass sobald jemand konkret vor der Tür steht und Hilfe anbietet, diese abgelehnt wird. Vor allem werden die Funktionär:innen mit Erleichterung und Freude begrüßt, die sich während und nach der Betreuung in Dankbarkeit und dem Wunsch etwas zurückzugeben entwickelt. So helfen viele aktiv bei Veranstaltungen oder anderen Aktionen des Vereins mit, um etwas zurückgeben zu können.
Die Pandemie hat die Arbeit des Vereins nur sehr wenig getroffen. Die Hauptauswirkungen lagen vor allem in verschobenen bzw. abgesagten Veranstaltungen, wodurch ein Teil der Spenden ausblieb. Diese Lücke konnte hingegen wieder durch private Spenden gut ausgeglichen werden. Außerdem blieb ein befürchteter Anstieg der Anfragen an den Verein aus. Es wendeten sich also nicht signifikant mehr Menschen an die Organisation, um Hilfe zu erfragen als in den Jahren vor der Krise. Die jetzige Situation bereitet den engagierten Mitarbeitern allerdings mehr Kopfschmerzen, da sie durch die steigenden Gas- und Strompreise befürchten, dass in diesem Winter mehr Hilfsbedürftige als in den letzten Jahren auf die Unterstützung des Vereins zurückkommen müssen.

© Helfen mit Herz
Finanzierung
Finanziert werden die Bemühungen von ‚Helfen mit Herz‘ durch Mitgliedsbeiträge und Spenden, welche entweder als Einzelspenden getätigt oder bei Veranstaltungen des Vereins erwirtschaftet werden. Beispielsweise veranstaltet der Verein jedes Jahr einen „CarWash-Day“ an dem Freiwillige eine SB Waschanlage für einen Tag in Beschlag nehmen und gegen Spenden Autos waschen. Hierbei hat sich über die Jahre zwar nicht die Anzahl der Autos verändert (80-100 am Tag je nach Wetter), sondern die Spendensumme wurde fast verdreifacht. Zu Anfang galten diese Gelde
r noch allgemein für die Arbeit des Vereins, inzwischen allerdings sind sie immer in Bezug auf ein Motto, also ein aktuelles Projekt oder einen anderen Verein. So hat die Gruppe bei einem der letzten CarwashDays für die Arbeit des Vereins ‘Mein Herz lacht’ gesammelt, welcher Familien mit besonderen Kindern unterstützt. Von dem Geld baut der Verein beispielsweise die Zimmer von Kindern mit Behinderung um, sodass diese eine einladende und kindgerechte Atmosphäre bieten. Oftmals ähneln solche Zimmer nämlich eher Krankenstationen als liebevollen Kinderzimmern, da oft Geld, Zeit und vor allem Know-How fehlen, um Umbauten allein in Angriff zu nehmen. Neben den Carwash Veranstaltungen stellt der Verein auch andere Benefizveranstaltungen auf die Beine. Dort findet sich alles, worauf die Vereinsführung und die Mitglieder Lust haben, von Konzerten über Oktoberfeste bis hin zu bunten Abenden. Ein großer Teil der Spendensumme, die der Verein jedes Jahr erhält, generiert sich aus solchen Veranstaltungen und ermöglicht die Arbeit des Vereins. Über die Jahre hinweg war es der Organisation möglich, knapp eine halbe Million Euro Spendengelder an Bedürftige weiterzuleiten, einerseits in Form von direkter finanzieller, aber auch materieller Unterstützung.
Berührende Geschichten
Ein Schicksal, das Frank Bauer besonders berührt hat, war eine Familie, die ihr Kind an den plötzlichen Kindstod verloren hatte. Mit Tränen in den Augen erzählt er uns, wie schwer dieser Schlag die Familie getroffen hat. Die Angehörigen waren in stationärer Therapie, um mit dem Schock des verlorenen Kindes umzugehen und aufgrund von dadurch entstandenen Lohnausfällen wurde das Geld knapp. Die Mutter musste für die dreiköpfige Familie die Kleidung in der Badewanne waschen, da keine Mittel da waren, um eine Waschmaschine zu kaufen. So schaffte der Verein direkt am Tag nach dem Gespräch mit den Eltern eine neue Waschmaschine an und lieferte sie der Familie aus, um ihnen wenigstens diesen Teil der Belastung zu erleichtern. Seitdem betreuen die engagierten Mitarbeiter die Familie und helfen ihnen, wieder auf die Beine zu kommen. “Es ist wirklich schlimm, dass es in Deutschland so etwas gibt, dass wenn jemand krank ist, er nicht nur die Belastung dieser Krankheit, sondern dass oft auch eine finanzielle Belastung mit einher geht, weil man irgendwann nicht mehr arbeiten kann.” Er berichtet uns von vielen solchen Fällen, in denen Krankheit als Auslöser für finanzielle Notsituationen vorkommt.
Der Verein lässt sich durch vielerlei Dinge unterstützen. Einerseits freuen sich die Mitglieder und Hilfeempfänger:innen selbstverständlich über Einzelspenden (mit Spendenquittung) oder eine Mitgliedschaft über 30 Euro pro Jahr, andererseits ist es jederzeit möglich, persönlich mitzuarbeiten. Interessierte können sich hierfür an den 1. Vorstand Frank Bauer wenden (Kontaktdaten findest du hier). Hier werden regelmäßig Helfer:innen für Veranstaltungen (wie zum Beispiel Autowäscher für die CarWash Days) oder Unterstützende für andere Tätigkeiten gesucht. Der Verein kann jede helfende Hand gut gebrauchen!